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Mehr Kitas durch Kabel

Prof. Dr. Claudia Kemfert ist Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Professorin für Energiewirtschaft und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance.

Energienetze gehören in Bürgerhand! Hand in Hand mit der öffentlichen Hand.
Vor diesem Hintergrund steht EnergieNetz Hamburg dem Volksentscheid Energienetze positiv gegenüber und hat Prof. Dr. Claudia Kemfert zur Umsetzung der Energiewende vor dem Hintergrund des Volksentscheides um die Rekommunalisierung in Hamburg interviewt.

1. In Hamburg – wie auch in Berlin – finden demnächst Volksentscheide über den Rückerwerb der Energienetze statt. Da gibt es naturgemäß unterschiedliche Auffassungen über die Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit eines solchen Rückerwerbs. Hamburg hat ja bereits einen Anteil von 25,1% an den Netzgesellschaften erworben und ist der Auffassung, dieser Anteil sei ausreichend, um zusammen mit Vattenfall und E.on Hanse die Netze im Sinne der Stadt zu betreiben. Ist das zutreffend?

Grundsätzlich spricht nichts gegen einen vollständigen Rückerwerb der Energienetze durch die Stadt Hamburg. Die Frage ist, ob die Stadt Hamburg durch einen teilweisen Erwerb der Netze die Umsetzungsschritte hin zur Energiewende ausreichend mit beeinflussen kann. Die möglichen Vorteile eines vollständigen Rückerwerbs der Netze in Hamburg lägen ja darin, dass konkrete Entscheidungen für die Energiewende gezielt zu steuern: wie beispielsweise der Ausbau der intelligenten Netze, Smart Metering oder ein Lastmanagement, welches durch die Zunahme der erneuerbaren Energien und der damit auftretenden Schwankungen notwendig wird. Auch gibt es die Möglichkeit, Erträge zu erwirtschaften, die der Stadt zugutekommen können.

2. Sehen wir einmal vom Sonderfall Fernwärme ab, so müssen die Konzessionen für Strom- und Gasnetze ja ausgeschrieben werden. Vattenfall und E.on haben angekündigt, sich wieder zu bewerben. Auch andere Bewerber haben Interesse. Würde sich ein anderer Bewerber durchsetzen, wären die Kooperations- und Beteiligungsverträge und auch der 25,1%-Anteil der Stadt hinfällig. Ein großer Verlust?

Die Frage ist doch, ob man nicht durch die vorherige Festlegung der Minderheitsbeteiligung der Stadt potentielle andere Bewerber abschreckt. Wenn ein anderer Bewerber dennoch zum Zuge kommen sollte, wäre zu klären, wie Hamburg die Beteiligung künftig sicherstellen will oder sich komplett zurückzieht- oder zu 100 % einsteigt.

3. Ist es möglich, die Ausschreibungskriterien so zu gestalten, dass sie auf einen Netzbetrieb durch eine städtische Gesellschaft zugeschnitten sind, ohne die Vorgaben an ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren zu verletzen?

Die Ausschreibungskriterien sollten so gestaltet sein, dass grundsätzlich niemand diskriminiert wird. Sollte die städtische Gesellschaft ein besseres Angebot vorlegen, besteht kein Grund dieses abzulehnen.

4. Vattenfall wirbt dafür, dass sie in den nächsten 10 Jahren insgesamt ca. 1,6 Mrd. Euro in die Stromnetze investieren wollen – ein hoher Betrag?

Wichtig ist vor allem der Ausbau der dezentralen intelligenten Netze, welches ein Energiemanagement ermöglicht. Der Anteil erneuerbarer Energien muss erhöht werden, Strom muss eingespart werden. Intelligente Netze sorgen dafür, dass es künftig einen optimalen Abgleich von Stromangebot und –nachfrage geben muss. Vattenfall und E.on haben sich bisher nicht sehr hervorgetan, diese Konzepte in Deutschland umfassend umzusetzen. Wenn sie dies ändern wollen, sind in der Tat Investitionen notwendig. Ob 160 Millionen Euro pro Jahr dafür ausreichend sein werden, ist schwer zu bewerten.

5. Oft ist zu hören, bei den Energienetzen handele es sich ja nur um „Rohre und Kabel“, die von Vattenfall und E.on Hanse bislang ordentlich betrieben worden seien. Es bestehe also kein Grund, noch mehr Geld auszugeben, um etwas zu besitzen, was man für die Energiewende gar nicht brauche, denn der Netzbetreiber müsse alles durchleiten und die Energiewende finde an den Enden der Kabel, also bei der Erzeugung statt. Wie sehen Sie das, Frau Kemfert?

Die Energienetze, insbesondere die dezentralen Verteilnetze sind elementar für das erfolgreiche Gelingen der Energiewende. Somit handelt es sich hier nicht nur um „Rohre und Kabel“ sondern um eine ganz zentrale Komponente der Energiewende. Aus diesem Grund macht es Sinn, dass sich Hamburg gut überlegt, welche Entwicklungen in Punkto Energiewende durch den Umbau der Netze eingeschlagen werden.

6. Ist der Rückerwerb der Energienetze für Hamburg zu teuer oder gar ein schlechtes Geschäft? Würde sich die Stadt angesichts des im Raum stehenden Betrages von 2 Mrd. Euro daran „überheben“ und bestünde die Gefahr, dass sie etwa ihre Sozialausgaben deswegen kürzen müsste? Stichwort „Kitas statt Kabel“.

Nicht vergessen darf man, dass Netze auch Erträge abwerfen. Je nachdem wie gut oder schlecht sie bewirtschaftet werden, können sich diese Erträge erhöhen oder vermindern. Wenn es gut läuft, können umgekehrt gesehen vielleicht sogar die Sozialausgaben erhöht werden durch zusätzliche Erträge aus den Netzen. Dann müsste es heißen: „mehr Kitas durch Kabel“.

7. In Hamburg stehen wir vor der Situation, dass die Endschaftsklausel (Anm.: Regelung über die Beendigung des Wegenutzungsvertrages) im Fernwärmebereich einen Übergang der Netze und der Erzeugungsanlagen vorsieht. Welches Potenzial für die Energiewende steckt im Fernwärmebereich?

Ebenso ein sehr großes. Viele Kommunen entscheiden sich zu Recht dafür, das Fernwärmenetz selbst zu bewirtschaften und auszubauen, um mittels von Blockheizkraftwerken Strom und Wärme herzustellen. Dies ist wirtschaftlich und ökologisch effizient und vorteilhaft.

8. Vattenfall hat sich in der Fernwärme durch den Vertrag mit der Stadt das Monopol gesichert, für den 25,1%-Anteil ca. 325 Millionen Euro von der Stadt erhalten und zahlt zunächst für fünf Jahre darauf einen Garantiezins von 4,5%. Ein gutes Geschäft für die Stadt?

Genau wie beim Stromnetz kann eine Kommune auch bei der Bereitstellung von Fernwärme Erträge erwirtschaften. Wenn ein Rückkauf erwogen werden sollte, muss dies immer mit berücksichtigt werden. Eine Festlegung der Stadt auf eine Minderbeteiligung muss vor dem Hintergrund bewertet werden, welche möglichen Erträge – abzüglich aller Kosten- ein solches Netz der Stadt liefern könnte. Erst dann kann abschließend geklärt werden, welches mögliche Geschäft sich die Stadt hier hat entgehen lassen.

Frau Prof. Kemfert, herzlichen Dank für das Interview!


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2 Kommentare

  1. Henning Flessner

    oder ein Lastmanagement??
    Das Lastmanagement wird von den Betreibern der 380/220 kV-Leitungen gemacht. Das ist für Hamburg so viel ich weiss ELIA/50 Hertz. Will man die auch noch gleich mit übernehmen? Frau Prof. Dr. C. K. sollte sich möglichst nicht zu technischen Dingen äussern Der Schuss könnte nach hinten losgehen.

    • Joachim N.

      Die Energiewende ist auch dezentral. Das macht es erforderlich, künftig auch in den dezentralen Teilen des Gesamtnetzes Erzeugung und Nutzung von Strom gezielt und mit Vorrang für die Erneuerbaren in Einklang zu bringen.
      Es reicht nicht mehr aus, sich nur auf die Höstspannungsebene zu konzentrieren. Gerade deshalb müssen auch auf der örtlichen Ebene die Verteilnetze umgebaut werden. So sind z.B. derzeit nur 6 % fernsteuerbare Netzstationen in Hamburg dafür nicht genug.
      Alle Maßnahmen, die dem Zweck dienen, Erzeugung und Nutzung der Energie auszugelichen, werden mit der Wortschöpfung ‚Lastmanagement‘ beschrieben. M.E. wird der Begriff von Frau Kemfert deshalb sehr wohl zu Recht verwendet.

      Joachim

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